Deutsche Unternehmen wollen Klimaziele mit Digitalisierung erreichen

Knapp die Hälfte der deutschen Unternehmen will bis 2030 klimaneutral sein, die Digitalisierung spielt dabei eine entscheidende Rolle

Klimaneutral werden

Einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom zufolge wollen 45 Prozent der deutschen Unternehmen bereits bis 2030 klimaneutral sein, weitere 37 Prozent wollen das bis 2040 erreichen. Damit liegen sie noch vor dem von der Bundesregierung ausgegebenen Zeitplan, dem zufolge ab 2045 nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden sollen, als an anderer Stelle gebunden wird. Für die repräsentative Studie wurden 506 Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten befragt. Die Studie wurde im Juli 2022 vorgestellt.

Die Digitalisierung soll bei der Nachhaltigkeitsstrategie eine zentrale Rolle spielen: Jedes Unternehmen, das eine konkrete Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt (52 Prozent) oder plant (37 Prozent), integriert darin digitale Technologien. Für 24 Prozent sind digitale Technologien für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele sogar entscheidend. Bei 27 Prozent haben sie „große Bedeutung“ und bei 42 Prozent „eher große Bedeutung“ – das sind in Summe 93 Prozent.

Drei Viertel der Unternehmen sehen in der Digitalisierung eine Chance für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Und sogar 89 Prozent gehen davon aus, dass Unternehmen, die in digitale Technologien investieren, langfristig im Vorteil sind.

Konkrete Maßnahmen

Als zentrale Maßnahme für Nachhaltigkeit und Klimaschutz nennt die Mehrheit der befragten Unternehmen (71 Prozent) den Einsatz von Cloud-Computing. Schließlich ist der Betrieb von Servern, Storage und Anwendungen in einem Rechenzentrum in der Regel effizienter als der Betrieb vor Ort im Unternehmen. Auch im Internet of Things sehen 52 Prozent Potenzial für Klimaschutz, sie versprechen sich mehr Energieeffizienz durch die Vernetzung von Geräten und Maschinen per Internet.

Jeweils 51 Prozent gehen davon aus, dass Big Data und Analytics bzw. die Automatisierung von Geschäftsprozessen einen wichtigen Beitrag zu Nachhaltigkeit leisten können. 47 Prozent wollen mit Videokonferenzen Dienstreisen und Berufspendeln reduzieren.

36 Prozent gaben an, in KI-Anwendungen hohes Potenzial für den Klimaschutz zu sehen – das war noch vor dem Boom, den KI-Plattformen wie ChatGPT und Google Bard auslösten. Welche Anwendungen dadurch möglich werden, ist noch gar nicht absehbar. Aber bereits jetzt ist klar, dass Künstliche Intelligenz beispielsweise intelligentes Gebäudemanagement und selbstoptimierende Steuerung von Produktionsprozessen möglich machen. Eine andere KI-Anwendung stell Predictive Maintenance dar. Dabei werden Maschinen mithilfe von Algorithmen und Sensoren überwacht, so dass die KI schon vor einem drohenden Ausfall auf eine notwendige Wartung oder den Austausch von Teilen hinweist – damit werden der effiziente Betrieb und die Langlebigkeit der Maschine erhöht.

Bei den Fragen nach konkreten Maßnahmen, die bereits heute umgesetzt werden, zeigte sich, dass vieles geplant, aber noch nicht tatsächlich realisiert ist: 49 Prozent verzichten um Ressourcen zu schonen weitestgehend auf Ausdrucke, 47 Prozent haben bereits energieeffiziente Hardware (Monitore, Drucker etc.) angeschafft. 39 Prozent lassen die Mitarbeiter aus Klimaschutzgründen überwiegend im Homeoffice arbeiten, 28 Prozent erlauben die private Nutzung von Dienstgeräten im Sinne der Ressourcenschonung. Jedes dritte Unternehmen in Deutschland (35 Prozent) kompensiert bereits CO2-Emissionen – weitere 34 Prozent planen dies.

Klimaschutz ist – auch – gut für das Image

Die Gründe der Unternehmen, die bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen bzw. dies planen, sind vielfältig (es waren Mehrfachnennungen bei der Umfrage möglich). 63 Prozent der Unternehmen nennen als Grund dafür den Schutz des Klimas. 28 Prozent geben an, durch Klimaschutz Geld zu sparen.

Insgesamt ist die Motivation für die Nachhaltigkeitsstrategie jedoch eher von außen getrieben: 60 Prozent sagen, sie wollten mit gutem Beispiel vorangehen; 52 Prozent geben an, ihr Image verbessern zu wollen. 32 Prozent wollen als Arbeitgeber attraktiver werden, bei 20 Prozent wird nachhaltiges Wirtschaften von den Mitarbeitern gefordert.

Bei 39 Prozent ist eine Motivation, den Erwartungen der Kunden zu entsprechen. Bei 25 Prozent wird es gar von den Geschäftspartnern verlangt, bei 21 Prozent von den Inhabern bzw. Investoren. 33 Prozent geben an, sich an staatliche Regulierungen anpassen zu wollen bzw. zu müssen.

Forderungen an die Politik

Was den Ausbau erneuerbarer Energiequellen anlangt, ist aus Sicht der befragten Unternehmen die Politik gefordert (96 Prozent). 79 Prozent wünschen sich mehr Beratungsangebote, wie sie durch Digitalisierung klimaneutral werden können. 52 Prozent fordern zudem finanzielle Anreize für Investitionen in digitale Technologien, wenn diese die Nachhaltigkeit befördern.

Im Zusammenhang mit der Studie drängt der Bitkom darauf, die Bereitstellung von Green Data zu beschleunigen. Der Verband erwartet, dass öffentlich verfügbare Umweltdaten, Energieverbrauchs- und Mobilitätsdaten zu mehr Innovationen führen, nachhaltige Geschäftsmodelle ermöglichen und effektivere Klimaschutzmaßnahmen fördern. Bitkom-Geschäftsführer Rohleder fasst zusammen: „Eine konsequente Digitalisierung ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Klimapolitik.“

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