KI-Modelloptimierung mit Paiton – leistungsstark, aber genügsam
Prognosen zufolge wird der KI-Boom den Strombedarf in Rechenzentren bis 2030 verdoppeln. Kernel-Optimierungen wie Paiton können die Effizienz von KI-Modellen deutlich steigern und so den Ressourcenverbrauch begrenzen.
Die zunehmende Nutzung von künstlicher Intelligenz wird den Energiebedarf für die Entwicklung und den Einsatz von KI-Modellen in den kommenden Jahren stark erhöhen. Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet damit, dass sich der Stromverbrauch von Rechenzentren dadurch bis 2030 verdoppeln wird (siehe auch: „Wie KI den Energieverbrauch explodieren lässt“).
Um den steigenden Ressourcenverbrauch zu begrenzen, müssen KI-Anwendungen deutlich effizienter entwickelt und genutzt werden als bisher. Wie das gelingen kann, zeigt das belgische Unternehmen ElioVP. Es hat in enger Zusammenarbeit mit AMD die Paiton-Technologie entwickelt, die auf AMD Instinct GPUs eine bis zu zehnfach höhere Inferenzgeschwindigkeit ermöglicht.
Die Leistungsfähigkeit von Paiton basiert unter anderem auf einem neuartigen Kompilierungsansatz. Statt generische Bibliotheken zu verwenden, analysiert das Unternehmen die Architektur eines KI-Modells und übersetzt sie in eine Kernel-Bibliothek, die für die KI-Beschleuniger von AMD optimiert ist. Das angepasste Modell wird als Shared-Object-Datei (.so) gespeichert und kann direkt in Inferenz-Frameworks wie vLLM oder SGLang geladen werden.
Modelloptimierung durch Paiton: die wichtigsten Drehschrauben
Für den Erfolg von Paiton spielen vor allem folgende Faktoren eine entscheidende Rolle:
Direkte Anpassung an offene Standards: Paiton setzt direkt auf der HIP-Schnittstelle (Heterogeneous Interface for Portability) auf, die Bestandteil der offenen Software-Suite AMD ROCm (Radeon Open Compute Platform) ist. So lassen sich die Vorteile der AMD-GPU-Plattform optimal nutzen.
Hardwarespezifische Kernels: ElioVP hat für jede AMD-GPU der MI200- und MI300-Serie einen spezifischen Kernel entwickelt. Diese Kernel sind auf maximalen Durchsatz bei gleichzeitig minimaler Latenz optimiert.
Kernel-Fusion: Durch die Kombination mehrerer Operationen in einem einzigen Kernel wird der Speicherbedarf reduziert und die Ausführungsgeschwindigkeit verbessert. Fusionierte Kernel spielen vor allem bei komplexen KI-Operationen wie Multi-Head-Attention und Tensor-Reshaping ihre Stärke aus.
GEMM-Tuning: Die allgemeine Matrixmultiplikation (General Matrix Multiplication, GEMM) ist ein Basisverfahren vieler komplexer mathematischer Anwendungen. Sie wird unter anderem in neuronalen Netzen, wissenschaftlichen Simulationen oder linearen Gleichungssystemen verwendet. Paiton nutzt die ROCm Software Tools for GEMM Tuning und die Matrix-Fused-Multiply-Add (MFMA) Instructions, um GEMM zu optimieren und so komplexe Berechnungen deutlich zu beschleunigen.
Optimierung der FP8-Quantisierung: Durch eine verbesserte Präzision bei 8-Bit-Gleitkomma-Operationen verdoppelt Paiton die maximale Inferenzgeschwindigkeit und halbiert den Bedarf an Arbeitsspeicher, ohne dass die Modellgenauigkeit darunter leidet.
Parallelverarbeitung: Berechnungen großer Modelle wie Llama-3.1-405B lassen sich auf mehrere AMD-GPUs verteilen, was eine lineare Skalierung der Performance ermöglicht.
Deployment-Optimierung: Die Bereitstellung großer KI-Modelle ist oft zeitintensiv und kann Projekte ausbremsen. Paiton verkürzt die Startzeit um fast 50 Prozent, indem es das Laden der Parameter-Sets optimiert, die Graphen-Kompilierung beschleunigt und durch eine intelligente Warm-up-Phase für einen schnelleren Systemstart sorgt.
Die Paiton-Technologie im Benchmark-Test
Die Leistung eines KI-Modells wird primär durch zwei Metriken bestimmt: den Durchsatz (= Anfragen oder Tokens pro Sekunde) und die Latenz (= Verzögerung zwischen Anfrage und Antwort). Für interaktive Anwendungen und KI-Agenten spielen außerdem die Zeit bis zur ersten Antwort (Time-to-First-Token, TTFT) und die Gesamtlatenz (End-to-End-Latency) eine wichtige Rolle.
Ein Vergleichstest zeigt, dass Paiton auf dem KI-Beschleuniger AMD MI300x über alle Batch-Größen hinweg den größten Durchsatz bietet und die Latenz in allen Metriken (Time-to-First-Token, Time per Output Token, Inter-Token Latency, End-to-End-Latency) verringert. Die Betriebskosten pro eine Million Token liegen laut Anbieter bei nur 0,09 US-Dollar – bis zu dreimal günstiger als bei vergleichbaren Systemen der Konkurrenz.
Einsatzgebiete für Paiton
Paiton wurde als modellagnostisches Framework konzipiert, das für eine breite Palette von Anwendungsfällen eingesetzt werden kann. Für große Sprachmodelle (Large Language Models, LLM) wie Llama und Deepseek liegen bereits Benchmarks vor. Grundsätzlich kann die Lösung aber auch jedes andere LLM beschleunigen.
Auch für Mixture-of-Experts-(MoE)-Modelle stellt Paiton speziell angepasste Kernel auf der MI300X-Plattform zur Verfügung. MoE-Modelle stellen eine Klasse von LLMs dar, bei der das Lernen auf verschiedene neuronale Netze (Experten) aufgeteilt wird. Da jedes Expertennetz auf eine spezifische Fragestellung trainiert wurde, ist das Gesamtergebnis in der Regel genauer und zuverlässiger als bei Verwendung eines Generalistenmodells. MoE-Modelle sind effizienter und flexibler als Generalistenmodelle, stellen allerdings auch hohe Anforderungen an Speicherbandbreite und Parallelisierung. Damit die Expertennetzwerke optimal zusammenarbeiten, sind außerdem eine effiziente Lastverteilung und eine Kommunikationsoptimierung unerlässlich. Wie ein Test mit dem MoE-Modell Qwen/Qwen3-30B-A3B-Instruct-2507 ergab, bietet Paiton auch in diesem Bereich deutliche Vorteile.
Ein weiteres vielversprechendes Einsatzgebiet sind Bildgenerierungsmodelle wie Stable Diffusion und FluxVision. Solche Text-to-Image-Models benötigen sehr viel Speicher und eine hohe Rechenkapazität, um in kurzer Zeit hoch aufgelöste Bilder liefern zu können. Sie profitieren daher besonders von den 192 GB High-Bandwidth Memory (HBM) der AMD MI300X GPU und der modellspezifischen Anpassung durch Paiton.
Fazit: Modelloptimierung senkt nicht nur den Ressourcenverbrauch
Neben den in dem Beitrag „Wie KI den Energieverbrauch explodieren lässt – und was Abhilfe schafft“ bereits vorgestellten Möglichkeiten der Energieeinsparung sind modellspezifische Kerneloptimierungen wie Paiton ein vielversprechender Ansatz, um KI-Modelle effizienter zu nutzen und Ressourcen zu schonen.
Es gibt aber noch weitere Vorteile: So sinken beispielsweise die Betriebskosten durch Paiton signifikant – ein vor allem bei knappen Budgets wichtiges Argument. Durch die fast 50-prozentige Beschleunigung des Deployments können Unternehmen zudem flexibler auf neue Anforderungen reagieren und Modelle schneller in die Produktion bringen.
Nicht zuletzt ist Paiton ein wichtiger Baustein für die digitale Souveränität. Das Framework basiert auf dem offenen ROCm-Ökosystem und reduziert so die Abhängigkeit von proprietären Lösungen. Dank signifikanter Effizienzsteigerungen können Unternehmen nun auch große Modelle im eigenen Rechenzentrum betreiben, für die die Leistung bisher nicht ausreichte. Das reduziert die Abhängigkeit von Cloud-basierten KI-Systemen und senkt die Risiken von Datenverlust oder Modelldiebstahl.